... war ich zum Glück Student in Leipzig und nicht Bauernsohn irgendwo an der zyprischen Nordküste. Während der Journalist in spé Seminare und Vorlesungen besuchte und sich rückblickend leicht beschämt nicht mal an eine entsprechende Schlagzeile erinnern kann, mussten meine Altersgefährten in Zypern zu den Waffen. Krieg! Hunderte Tote, zehntausendfache Vertreibung und Vermisste auf beiden Seiten. Was 35 Jahre her ist, hat Narben in fast jeder Familie in beiden Volksgruppen hinterlassen und hält die Angst voreinander am Brodeln. Vernarbt sind längst auch noch nicht die Spuren dieser Auseinandersetzungen in der Landschaft: Bunker, Schützengräben, Denkmale für die toten Kämpfer , verlassene türkische Dörfer, eine Minengrenze quer über die Insel...
Der ethnisch-sozial-religöse Polit-Dauerkonflikt zwischen Griechen und Türken eskalierte im Sommer 1974. Die Türkei kam griechischen Anschlussplänen ans Mutterland zuvor und schickte in zwei Wellen Luftlandetruppen. Aus einem zunächst zu rechtfertigenden Angriff wurde grausame Eroberung und Landnahme dort, wo vor allem Griechen seit Jahrtausenden siedelten. Das Ende vom Lied beschäftigt die Europapolitik mit Blick auf den möglichen türkischen EU-Beitritt noch heute. Die Botschaft vor allem an Ankara ist: Leistet einen aktiven Beitrag zur Konfliktlösung, dann werden weitere Kapitel der Beitrittverhandlungen aufgeschlagen.
Narben unverheilt: ein Schützengraben mit diversen Bunkern neben dem Friedhof von Pomos
Nikosia heute: Blick vom griechischen (EU)-Teil ins Niemandsland, das unter UN-Verwaltung steht. Bild unten: Hohe Bäume wachsen aus dem Straßenasphalt - hier verläuft die noch immer fast unberührte innerzyprische Grenze
Lastwagen im Militärlook: Mahnung vor einer Kirche in Argaka (in diesem Auto fiel ein Sohn des Dorfes den Kämpfen 1974 zum Opfer)
Bunker vor dem Flughafen Paphos
Geisterdörfer im griechischen Teil: Sag mir, wo die Türken sind...
Eine Küste wie jede andere? Kokkina (türk: Erenköy) etwa von der Größe Monacos und nur von ein paar türkischen Soldaten bewohnt ist eine türkische Enklave mitten im griechischen Gebiet - rings herum hermetisch abgeschirmt durch Truppen der griechischen Zyper, in einem nächsten Gürtel folgen UNFICYP-Friedenstruppen (hier wachen derzeit argentinische Soldaten), dann folgen die von türkischen Soldaten bewachten Grenzabsperrungen (dazu demnächst ausführlich in einem weiteren Blog). Ein Irrwitz der Weltgeschichte!
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