Sonntag, 27. April 2014

Salzernte auf Zypern: Ab April möglich





Mein Salz in der Suppe…
... ist niemals gekauft, sondern selbst geerntet (wie man in Fachkreisen sagt). Seitdem ich auf Zypern lebe, lehnte ich aus vielerlei Gründen auch jenseits des Geschmacks bloßes NaCl ebenso ab wie auf der nächsten Preisstufe das Meersalz aus Supermärkten. Mein Mittelmeersalz finde ich an der Nordküste der griechischsprachigen Republik just in der Nähe jenes Ortes, an dem der „Idol of Pomos“, ein winziges Steinamulett in Kreuzform mit einem noch winzigeren Amulett gleichen Aussehens am Hals, ausgegraben wurde. 

Wer nicht weiß, wovon ich rede, möge nur eine x-beliebige zyprische Euromünze in die
Hand nehmen. Wenn auf der Rückseite nicht das bei Kyrenia (heute Girne) gefundene antike Segelschiff abgebildet ist, dann ist dort der beschriebene Idol – ein mindestens 5000-jähriges Fruchtbarkeitssymbol – zu sehen… Zurück zum weißen Gold des östlichen Mittelmeeres, für das es bis vor Jahrzehnten noch Privilegien, Schürfrechte und Steuern gab. Mit vier Volumenprozenten macht es das Wasser um unsere Inseln herum tragfähig für jeden; egal ob Schwimmer oder Nichtschwimmer. Das Salz aus dem Urmeer – wovon das Mittelmeer sozusagen der letzte Rest ist – weist über 80 Spurenelemente auf (NaCl dagegen nur zwei). Was ich bisher auch noch nicht wusste: Der Mensch benötigt genau diese 80 Elemente zur Versorgung und zum Antrieb seiner Lebenskraft. Ein Zufall ist das nicht, kommt doch unser aller Leben und damit die Lebensbausteine aus dem Wasser.

Wie ernte ich das Salz, wie wird es so schön weiß wie in dem Glas hier? 

Man suche sich ab April bereits felsige Buchten mit ausgespülten Vertiefungen zumeist im Sandstein der Jahrmillionen. An solchen flachen Stellen setzt schon bei vergleichsweise geringen Außentemperaturen (oft bereits um die 20 Grad Celsius) die Verdunstung der flachen Pfützen ein. Ergebnis: Die Tümpel scheinen zu "vereisen", sind also mit einer weißen Schwimmschicht - pures Salz - bedeckt.  




 Jetzt kommt eine Schaumkelle aus Plastik (die aus Stahl verrosten, wie ich inzwischen weiß) zum Abschöpfen dieser Schicht ins Spiel. Mit etwas Glück sind fünf Kilogramm Rohsalz, das mit Steinchen, Sandkörnern, Ameisen oder Seegras und anderen ausgebleichten Pflanzenresten versetzt ist, in gut einer Stunde gesammelt. Die Suche nach Salz ist zugleich immer auch Naturschauspiel: Wellen, Wind - oder wie hier: mal eine tote Schildkröte. 


 
 Die Aufbereitung (Kochen, Filtern, den Sud wieder verdunsten lassen, und schließlich das erneute Trocknen des schneeweißen Goldes dauert insgesamt einige Wochen. Derzeit stehen rund 25 Liter Sud in der Sonne; ich schöpfe jeden Morgen etwa 200-300 Gramm Salz aus dem Trog... Übrigens - das wusste ich bislang auch nicht - 100 Gramm Zypernsalz (normal) kosten im Spezialversand 4,99, versetzt mit Limonensaft oder gemischt mit Rosmarin 7,49 Euro. Ob man von diesem Hobby davon leben könnte?


















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4 Kommentare:

Herr Ackerbau hat gesagt…

Wenn man weiß, wieviel Mühe drin steckt, schmeckt das Salz gleich noch besser. Viele Grüße aus Berlin, Andreas

Anonym hat gesagt…

Ach Hans-Werner, deine Berichte sind nicht nur interessant, sondern auch lehrreich.Vielen Dank dafür! Gruß aus der Heimat, Frank

Calendula hat gesagt…

Vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht! Das war richtig spannend, das zu lesen!
LG Calendula

Steffen Rupp hat gesagt…

Wäre es nicht einfacher, wenn man nur Meerwasser nehmen würde und es täglich in einer grossen Schüssel verdunsten lassen würde ? Dann wären doch die Verunreinigungen wie "Steinchen, Sandkörner, Ameisen oder Seegras usw." erst gar nicht da drin ? oder ?