Mittwoch, 6. Oktober 2010

Deutsche Einheit, surreal in Nikosia


Schlingensief hätte man diese Inszenierung zugetraut. Hier jedoch war die Deutsche Botschaft in Nikosia federführend. Keine Bühnenveranstaltung zum Thema hätte diese "gewaltige" Kulisse zum 20. Jahrestag der Deutschen bieten können. Eingeladen wurde an einen Ort mit surrealem Ambiente - mit Blick am Festredner vorbei über die UN-Pufferzone hinweg zu den Nachbarn hinüber, die hier auf Zypern anders sprechen, anders glauben und anderes Bruttosozialprodukt als auf der EU-Seite zu verzeichnen haben. Hier geht´s nicht um "Brüder und Schwestern", hier an der Green Line (in machen Stadtkarten noch als Todeszone verzeichnet) werden seit Jahrzehnten griechische und türkische Zyprer separiert und von UN-Friedenstruppen seit 1964 auch räumlich getrennt.
Erschaudern und Schmunzeln gleich beim Betreten der Lokalität: Vorbei an den zur Schau gestellten Nobelkarossen der Sponsoren BMW, Mercedes, VW und Audi führte der Weg durch eine zerschossene Gebäuderuine (mit Scheinwerfern "lieblich" erleuchtet) in einen Glaspavillon direkt an der EU-Außengrenze. Nicosia calling, die letzte geteilte Hauptstadt der Welt. Wie lange noch? Die gegenwärtigen Verhandlungen verlaufen sich in Sackgassen und werden den Status quo wohl kaum überwinden. Die Volksgruppenführer sollten vor allem eines dabei im Auge haben: Frieden. Der ist neben der persönlichen Gesundheit das höchste Gut - wie wir Deutschen spätestens seit 1945 und 1989 wissen (sollten).
Ein "passende" Kulisse zur Deutschen-Einheitsfeier auf Zypern mit Blick über die Pufferzone hinüber: Was wie eine Bühnendeko aussieht, das ist Realität im geteilten Nikosia -hier EU, dort die nicht anerkannte Republik Nordzypern




Ruinös, wie vieles rechts und links der Demarkationslinie: Diese Ruine führt direkt zur Feierstätte
Verbrannte Dachsparren - Zeugen des Krieges 1974
Leere Fenster


Unfassbar, aber begehbare Zeitzeugen der Jahrzehnte langen Teilung

Sponsorenkarossen vor dem Eingang



Passend zur Deutschen Einheitsfeier: eine griechischzyprische/türkischzyprische Band
Direkt neben dem Ledra Palast, Sitz der UN-Truppen: das deutsche Goethe-Zentrum
Kurz hinter dem Ledra-Palast: einer der wenigen Fußgänger-Grenzübergänge in Nikosia

Überall Schilder, die vor dem (oft noch verminten) Niemandsland warnen
EU-Außengrenze paradox: Am Fuße der Festungsmauer hört das EU-Territorium auf, acht Meter höher - hinter einem normalen Maschendrahtzaun - beginnt der Rest der Welt

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sehr informativer Beitrag.Da kann man nur dazu lernen.Auch wie es sich mit den EU Grenzen so auf sich hat.Hoch interessant.Danke.

S.